Die kalte Jahreszeit ist am Start und seitdem der Winter ernst macht, die Temperaturen in den Minusbereich rutschen und selbst meine Kaffeetasse auf dem Balkon schneller auskühlt als geplant, lese ich eine Frage immer öfter:
Braucht eine Katze beim Spazierengehen eigentlich ein Mäntelchen?
Daher habe ich mich für wieder rangesetzt und Studien und Fachartikel gewälzt und alles zusammengetragen.
Und zwischendurch natürlich meinen eigenen kleinen aufgeblusterten Plüschknödel Salem beobachtet, der sich im Winter in die Sonne setzt, als wolle er demonstrieren, dass Solarenergie eindeutig die bessere Heizform ist.
Denn so simpel, wie die Frage klingt, ist die Antwort leider nicht.
Und wie so ziemlich alles, was mit dem Spazierengehen mit Katzen zu tun hat: Es gibt keine Studien nach dem Schema „Katze mit Mantel vs. Katze ohne Mantel auf dem Spaziergang – wer friert mehr, wer läuft besser?“
Also musste ich mal wieder den Umweg nehmen und mir anschauen, was wir tatsächlich wissen. Studien und Fachartikel über die Thermoregulation von Katzen, über Fellwechsel und Unterwolle,
und über die typischen Haltungsbedingungen, unter denen unsere Katzen leben.
Aus diesen Themen habe ich meine persönlichen Schlüsse daraus gezogen, wann ein Mäntelchen möglicherweise sinnvoll sein kann
und wann es eher unnötig oder sogar problematisch wird.
Wie warm mögen es Katzen eigentlich?
Als erstes kam mir in den Kopf, in welchen Temperaturen unsere Katzen sich überhaupt wirklich wohlfühlen.
Spoiler Alarm:
Das ist deutlich wärmer, als die meisten von uns denken.
Die Komfortzone von Katzen liegt ungefähr bei 30 bis 38 Grad. Damit ist nicht die notwendige Außentemperatur für Katzen gemeint, sondern die sogenannte thermoneutrale Zone unter Laborbedingungen, also der Temperaturbereich, in dem der Körper seine Wärme ohne zusätzlichen Energieaufwand halten kann.
Unsere gemütlichen 20 bis 22 Grad Wohnungstemperatur liegen damit unterhalb dieser Zone und sind rein aus physiologischer Sicht für Katzen bereits eher kühl.
Deshalb dieses ganze Wärme-Such-Programm.
Zusammenrollen, Heizkörper blockieren, Fensterbrett in Beschlag nehmen, immer dahin wandern, wo gerade Sonne liegt.
Und wir denken dann:
Ach guck mal, wie süß.
In Wahrheit ist das kein Wellness-Verhalten, sondern schlicht Temperaturmanagement.
Sie wärmen sich aktiv.
Mein Salem zeigt das im Sommer übrigens von der anderen Seite als die im Labor gemessenen Werte.
Bei 30 Grad liegt er hechelnd herum wie ein gegartes Spiegelei auf vier Pfoten und macht sehr deutlich klar, dass Wärme gut ist, aber Sauna eher nicht.
Ich bin, wie viele wissen, keine Tierärztin, aber meine zwei Co-Piloten auf vier Pfoten haben eindeutig noch nichts von besagter Wohlfühltemperatur gehört.
Aber alles in allem kann man sagen:
Katzen mögen es im Schnitt deutlich wärmer als wir, aber nicht im Backofenmodus.
Unser normales Wohnklima ist für sie eher untere Komfortzone als echtes Wohlfühlklima.
Und genau deshalb bedeutet Winterluft für den Katzenkörper eben nicht nur frische Luft, sondern echte Kältearbeit.
Und bevor ich euch jetzt gleich erkläre, wann es für eure Katze draußen wirklich zu kalt wird, müssen wir noch einen wichtigen Schritt dazwischenschieben:
Mit welchem Fell unsere Katzen überhaupt unterwegs sind.
Es gibt nämlich nicht einfach „das Katzenfell“.
Sondern, grob gesagt, kann man Katzen in zwei Felltypen einteilen:
Katzen mit Doppelpelz,
also Unterwolle plus Deckhaar,
und
Katzen mit einfachem Fell,
mit sehr wenig oder ganz ohne Unterwolle, den sogenannten Single Coats.
Und dieser Unterschied ist entscheidend, wenn es um Kälte geht.
Doppelpelz, also die mit dem eingebauten Wintermantel inklusive:
Katzen mit klassischer Doppelstruktur haben eine isolierende Unterwolle und darüber schützendes Deckhaar. Dieses Zusammenspiel bildet ein schönes kleines Luftpolster, das wie eine eingebaute Thermojacke funktioniert. Dazu kommt noch der Profi-Move: Sie können ihr Fell aufstellen und damit die isolierende Luftschicht einfach noch weiter vergrößern.
Zu dieser Gruppe gehören die meisten Hauskatzen, viele Britisch-Kurzhaar-Typen, Norweger, Sibirier und generell die ganzen flauschigeren Kandidaten mit dichter Fellstruktur.
Kurz gesagt:
Diese Katzen kommen mit Kälte deutlich besser zurecht.
Einfaches Fell, aka die Fraktion „Sommeroutfit das ganze Jahr“:
Und dann gibt es die eleganten Glattfell-Modelle.
Katzen mit sehr kurzem, glattem oder dünnem Fell und kaum oder gar keiner Unterwolle.
Typisch dafür sind Siamkatzen, Orientalen und viele sehr schlanke Kurzhaartypen.
Bei ihnen fehlt dieses isolierende Luftpolster fast komplett. Das Fell liegt eng am Körper an, wie ein permanentes T-Shirt ohne Futter, und hält die Wärme entsprechend schlechter. Diese Katzen verlieren schneller Körperwärme und empfinden Kälte deutlich früher als unangenehm.
Oder auf den Punkt gebracht:
Was für den Doppelpelz noch „geht schon klar“ ist, ist für die Einfach-Fell-Fraktion oft schon echtes Bibbern mit Stil.
Wobei mein Salem ebenfalls sein Fell aufplustert, als würde er es wenigstens versuchen sich etwas Luftpolster anzueignen.
Da wir diesen Unterschied jetzt sauber vor Augen haben, kommt noch so ein Punkt dazu, der leider immer wieder komplett falsch verstanden wird:
Der Fellwechsel.
Denn der läuft bei Wohnungskatzen anders ab als bei Freigängern.
Und nein, das liegt nicht daran, dass die Wohnungskatzen zu faul wären oder nie „richtig frieren“, sondern daran, dass der Fellwechsel nicht von Kälte angeschubst wird, sondern von den Lichtverhältnissen übers Jahr hinweg. Die Tageslänge ist für den Katzenkörper der eigentliche Schalter, der sagt:
Jo, wir haben Sommer. Oder eben: Okay, jetzt wird’s wieder Winterpelzzeit.
Werden die Tage länger und heller, fährt der Körper den Fellzyklus Richtung Sommerfell hoch.
Werden die Tage kürzer und dunkler, schaltet das System wieder um und es geht Richtung Winterfell.
Freigängerkatzen bekommen diesen natürlichen Lichtrhythmus komplett auf die volle Dröhnung. Echtes Tageslicht, klare Sonnenstunden, echte Dämmerung, echte Dunkelheit, also die volle Jahreszeiten-Breitseite. Und entsprechend sieht man bei ihnen meist einen ziemlich klaren, deutlich abgegrenzten Wechsel zwischen Winter- und Sommerfell.
Wohnungskatzen dagegen leben in der Dauerschleife aus Wohnzimmerlicht und Wohlfühlheizung. Kunstlicht bis spät abends, gleichbleibende Temperaturen, kaum echte Hell-Dunkel-Kanten, das heiß die Jahreszeiten werden für den Katzenkörper so ein bisschen zu einem sanft verschwommenen Hintergrundrauschen. Der Fellwechsel findet zwar trotzdem statt, aber häufig gleichmäßiger, leiser und weniger spektakulär über das ganze Jahr verteilt. Statt zwei großen „Jetzt fliegt das Fell“-Phasen haaren viele Wohnungskatzen eher konstant so ein kleines bisschen vor sich hin.
Wichtig dabei ist:
Auch Wohnungskatzen entwickeln Unterwolle, wenn ihre Genetik das vorsieht.
Sie bilden sie nur oft nicht ganz so dicht und nicht so klar saisonal getaktet wie Freigängerkatzen.
Was ich aus all dem für mich ableite, ist Folgendes:
Regelmäßige Spaziergänge übers Jahr hinweg könnten also den natürlichen Fellzyklus durchaus positiv unterstützen, nicht, weil die Katze draußen friert, sondern weil sie dabei echtes Tageslicht und UV-Licht abbekommt. Gerade bei Katzen, die genetisch Unterwolle bilden, kann dieser zusätzliche Lichtreiz helfen, dass Winter- und Sommerfell klarer voneinander getrennt wachsen und nicht so verwaschen ineinander übergehen, wie man es bei reiner Wohnungshaltung oft sieht.
Das könnte die typischen Aussagen, dass ihre Wohnungskatze beim spazieren gehen, trotz Unterwolle frieren, somit auch erklären.
Und an dieser Stelle kommt dann fast immer die nächste, völlig logische Frage.
Zumindest kam sie bei mir auf.
Wenn meine Katze nur kurz spazieren geht und nicht stundenlang draußen ist, woher soll sie überhaupt wissen, wie lang der Tag ist?
Ganz einfach:
Der Katzenkörper zählt keine Minuten und führt keine Strichliste über Outdoor-Zeit.
Er reagiert schlicht auf echtes Tageslicht, auf das, was direkt über die Augen ankommt.
Schon kurze Aufenthalte draußen oder ein bisschen echte Sonne auf der Fensterbank liefern wesentlich stärkere Lichtimpulse als jede Wohnzimmerlampe. Kunstlicht ist für die innere Uhr einfach zu schwach und zu gleichmäßig, um die Jahreszeiten sauber abzubilden. Natürliches Tageslicht dagegen hat eine ganz andere Intensität, echte Hell-Dunkel-Wechsel und das volle Lichtspektrum.
Über viele Tage und Wochen sammeln sich diese Lichtreize, und der Körper erkennt ganz automatisch, ob die Tage länger oder kürzer werden. Dafür muss die Katze definitiv nicht den ganzen Tag draußen sein. Regelmäßiges echtes Tageslicht reicht völlig aus.
Oder ganz simpel gesagt:
Nicht die Kälte draußen macht das Fell dichter, sondern das Licht sagt dem Körper, welche Jahreszeit gerade ist.
Und erst jetzt, mit diesem Wissen über Felltypen und Fellwechsel, können wir uns wirklich anschauen:
Ab wann wird es draußen für unsere Katzen actually zu kalt.
Wann ist es für unsere Spazier-Katzen draußen nun wirklich zu kalt?
Die ehrliche Antwort lautet:
Es gibt keine feste Gradzahl, bei der man sagen kann „ab hier Schluss für alle Katzen“. Dafür sind die Unterschiede zwischen Felltypen, Alter, Gesundheitszustand und individueller Kälteempfindlichkeit einfach zu groß.
Aus Praxis- und Erfahrungsberichten lassen sich grobe Orientierungswerte ableiten:
Für gesunde erwachsene Katzen mit Doppelpelz gilt grob:
Temperaturen über etwa fünf bis sieben Grad sind bei trockenem Wetter für kurze Spaziergänge meist gut machbar, solange die Katze in Bewegung bleibt und jederzeit die Möglichkeit hat, sich in einen warmen Rückzugsort zu begeben, also in den Rucksack, zum Buggy oder direkt zurück nach Hause.
Unterhalb dieser Temperaturen wird es zunehmend unangenehm, vor allem dann, wenn zusätzlich Wind oder Nässe dazukommen. Feuchtigkeit verstärkt den Wärmeverlust massiv, auch bei Katzen mit eigentlich gut isolierendem Fell.
Bei Katzen mit einfacher Fellstruktur oder kaum Unterwolle sieht das ganz anders aus.
Häufig werden Temperaturen unter sieben bis zehn Grad bereits als unangenehm empfunden. Diese Katzen frieren also deutlich schneller, besonders wenn noch Wind, Feuchtigkeit oder längeren Standphasen auf kaltem Untergrund dazu kommt.
Für ältere, untergewichtige oder kranke Katzen gilt ebenfalls mehr Vorsicht. Ihre Fähigkeit, Körperwärme zu speichern, ist eingeschränkt und sie kühlen schneller aus.
Unabhängig von allen Zahlen gibt es jedoch einen Maßstab, der immer wichtiger ist als jedes Thermometer:
Die Körpersprache deiner Katze.
Ein bisschen Aufplustern des Fells gehört erst einmal ganz normal dazu, sobald es kälter wird. Das ist einfach die körpereigene Isolationsfunktion und noch kein Warnsignal.
Wirklich aufmerksam solltest du werden, wenn andere Zeichen dazukommen:
Die Katze läuft steifer oder vorsichtiger, hebt einzelne Pfoten kurz hoch, bleibt häufiger stehen oder wirkt insgesamt weniger locker in der Bewegung. Viele beginnen dann auch, sich klein zu machen oder rollen sich zusammen, statt weiter neugierig zu erkunden. Manche suchen sehr gezielt den Rückzug Richtung Rucksack, Buggy oder Haustür.
Diese Signale sagen ziemlich klar:
Jetzt wird es unangenehm.
Richtig deutliche Abbruchsignale sind dann:
Einrollen oder Zittern.
Zittern ist dabei schon ein spätes Zeichen, idealerweise sollte es gar nicht erst so weit kommen.
Und an dieser Stelle kommt wieder mein persönliches Salem-Beispiel.
Wenn er draußen plötzlich sein berühmtes Pfötchen anhebt, stehen bleibt und mich anschaut wie: „Reicht jetzt“, dann ist keine Diskussion mehr nötig. Dann geht es direkt zurück in die Wärme.
Und genau das bringt es eigentlich perfekt auf den Punkt:
Nicht die Außentemperatur entscheidet über das Ende des Spaziergangs, sondern deine Katze.
Kann denn da jetzt ein Mäntelchen wirklich helfen?
Ganz ehrlich.
Ohne das romantisch zu verpacken:
Es kommt drauf an.
Bei vielen Katzen braucht es schlicht keinen Mantel.
Die klassischen Doppelpelz-Katzen, also die mit eingebauter Thermojacke und serienmäßiger Unterwolle, kommen bei kühlem, trockenem Wetter und kurzen Runden meist ganz entspannt ohne zusätzliche Kleidung zurecht, solange sie in Bewegung bleiben und jederzeit die Möglichkeit haben, sich in ihren warmen Rückzugsort zurückzuziehen. Die denken sich dann eher:
„Kalt? Ach was, wir tragen doch Flokatiteppich serienmäßig.“
Ganz anders sieht das bei den Single Coats aus – also bei den edlen Glattfell-Modellen wie Siam oder Oriental, die quasi dauerhaft im Sommeroutfit unterwegs sind. Die verlieren die Wärme deutlich schneller und finden kühle Temperaturen, vor allem mit Wind oder Nässe, wesentlich früher ungemütlich. Hier kann ein Mäntelchen tatsächlich helfen, wenn die Katze es akzeptiert und sich damit noch ganz normal bewegt und nicht plötzlich in den berühmten Modus „Ich laufe wie eine Presswurst im Speckmantel" schaltet.
Auch bei älteren Katzen, sehr schlanken Wesen oder bei gesundheitlich eingeschränkten Fellnasen kann zusätzliche Wärme durchaus Sinn ergeben, weil die körpereigene Wärmeregulation im Laufe der Zeit einfach ein bisschen gemütlicher wird.
Und bei den haarlosen Katzen ist die Sache sowieso ziemlich eindeutig: Ohne Fell geht die Wärme flöten wie durch ein offenes Fenster. Für Spaziergänge bei kühleren Temperaturen braucht es hier konsequenten Wärmeschutz – oder die ehrliche Entscheidung:
Heute bleiben wir lieber drinnen und üben Sofaspazieren.
Unterm Strich läuft es immer auf dieselbe Frage hinaus:
Braucht deine Katze den Mantel wirklich oder wird dadurch nur versucht, längere Spaziergänge zu erzwingen, die sie ohne Mantel gar nicht angenehm fände?
Für mich persönlich hat diese Frage nach intensiver Recherche, vielen Tests und vor allem durch Salems Reaktionen eine klare Antwort bekommen:
Ich bin inzwischen bewusst den Weg ohne Katzenmantel gegangen, weil Salem in jeder getesteten Variante sichtbar unrund lief, Bewegung verlor und sich schlicht nicht mehr wie „Salem“ anfühlte.
Wärme allein rechtfertigt für mich keine Einschränkung von Körpermechanik und Laufgefühl.
Oft ist der bessere Weg tatsächlich:
Lieber mehrere kurze 5-Minuten-Spaziergänge mit warmem Rückzug, als ein langer Marsch in Kleidung, die eigentlich nur ein Kompromiss ist.
Und wenn die Antwort für dich trotzdem lautet:
Doch, für meine Katze kommt ein Mäntelchen infrage, dann lohnt es sich, einen Schritt weiterzugehen und nicht irgendeinen Mantel zu kaufen, nur weil er niedlich aussieht oder „extra für Katzen“ draufsteht.
Denn dann stellt sich die nächste, viel wichtigere Frage:
Wie müsste so ein Mäntelchen eigentlich aufgebaut sein, damit es wirklich hilft und nicht mehr Probleme schafft als es löst?
Und nein, es geht dabei nicht darum, aus deiner Katze einen kleinen Schneemann mit Knopfaugen zu basteln oder möglichst viel Stoff auf möglichst viel Katze zu werfen.
Wenn es kalt wird, ist der Körper ziemlich pragmatisch unterwegs.
Pfoten, Ohren und Schwanz werden als Erstes weniger durchblutet, während Herz, Lunge, Bauch und Nieren absolute VIP-Behandlung bekommen. Der Körper will nämlich vor allem eins: den wichtigen Kern warm halten.
Heißt übersetzt:
Wenn man überhaupt wärmen will, dann bitteschön dort, wo es zählt.
Also am Rumpf.
Brustkorb, Flanken an den Seiten, Rücken über der Nierengegend und theoretisch auch der Bauch.
Pfotenanzieher, Ohrenmützen oder Schwanzschals kann man sich dagegen sparen. Das mag auf Fotos niedlich aussehen, bringt temperaturtechnisch ungefähr gar nichts und ist für Katzen eher der direkte Weg in die persönliche Zumutungshölle.
Ein sinnvoller Mantel dürfte also keinesfalls die ganze Katze einwickeln wie ein Paket unterm Weihnachtsbaum, sondern müsste gezielt den Rumpf schützen und sonst vor allem eines tun:
In Ruhe lassen, was sich bewegen will.
Und genau hier liegt dann auch die eigentliche Krux.
Denn ausgerechnet da, wo man wärmen müsste, sitzt bei Katzen gleichzeitig die komplette Bewegungszentrale.
Schultern, Brustkorb, Vorderläufe, Wirbelsäule. Alles, was für freies Laufen, Springen und Balancieren zuständig ist, liegt exakt in dem Bereich, den ein Mantel eigentlich abdecken soll.
Wärme ja.
Aber bitte nicht um den Preis von Körpermechanik.
Und genau deshalb sind Katzenmäntel so ein schwieriges Thema.
Die Realität ist nämlich: Die meisten Katzenmäntel sind einfach keine guten Katzenmäntel im Sinne der Biomechanik.
Ganz viele kommen direkt aus der Hundeecke. Breiter Brustlatz, viel Stoff vorne, dicke Verschlüsse, manchmal sogar noch eine Kapuze obendrauf. Sie sehen warm aus, fühlen sich flauschig an und wirken auf Fotos total süß.
Für die Katze sind sie eher sowas wie: Lassen wir das lieber, sonst lande ich als bewegungsunfähiges Deko-Tier auf dem Gehweg.
Das Hauptproblem ist, dass Mäntel ausgerechnet dort Druck machen oder fixieren, wo Katzen maximale Bewegungsfreiheit brauchen.
Vorne an der Brust und in den Achseln, dort, wo die Vorderbeine nach hinten und vorne schwingen müssen.
Oben über den Schultern, wo sich die Schulterblätter bei jedem Schritt frei drehen und gleiten.
Am Hals und im oberen Brustbereich, wo oft zusätzlich noch das Geschirr sitzt und sowieso schon sensibel gearbeitet wird.
Viele Mäntel sind zu breit geschnitten, zu steif im Material oder rutschen beim Laufen nach vorne. Sie legen sich in die Achseln, drücken auf die Brust oder schieben sich über die Schultern.
Das Ergebnis sieht man sofort:
Die Katze macht kürzere Schritte.
Sie läuft steif oder eierig.
Manche springen plötzlich nicht mehr sauber.
Andere bleiben immer wieder stehen oder wirken insgesamt einfach komisch.
Und nein, das ist keine Frage von „Die muss sich halt dran gewöhnen“.
Das ist ein Zeichen dafür, dass die Bewegung schlicht gestört wird.
Und das sollten wir auch nicht mit Leckerli wegzutrainieren versuchen oder mit Resilienz schönreden!
Dann heißt es einfach: Finger weg!
Denn oft kommt noch ein Klassiker:
Viele Mäntel kollidieren direkt mit dem Geschirr.
Brustgurt auf Stoff, Rückensteg unter Stoff, alles liegt übereinander, verrutscht, spannt oder drückt.
Ich habe mir wirklich viele Mäntel angeschaut und musste feststellen:
Ich habe bisher noch keinen Katzenmantel gesehen, bei dem ich sagen könnte: Leute, den kann man wirklich bedenkenlos empfehlen.
Einige sind besser, viele sind schlecht, keiner ist wirklich optimal.
Vielleicht findet man ja irgendwann tatsächlich einmal den unsichtbaren Katzenmantel, der wärmt, ohne zu stören.
Bis dahin bleibe ich allerdings realistisch:
Der perfekte Katzenmantel existiert aktuell noch nicht. Zumindest für mich persönlich.
Und am Ende bleibt es bei genau dieser offenen Frage:
Was ist für deine Katze wirklich stimmig.
Es gibt Katzen, die laufen mit Mäntelchen völlig entspannt.
Es gibt andere, für die Kleidung einfach nur Stress und Bewegungsblockade bedeutet.
Im Prinzip gilt hier exakt dasselbe wie beim Katzengeschirr:
Alles, was Bewegung braucht, muss frei bleiben.
Schultern, Vorderlaufmechanik, Brustkorb und Wirbelsäule dürfen nicht blockiert oder verspannt werden.
Wenn ihr euch daran orientiert, was bei einem gut sitzenden Katzengeschirr entscheidend ist, habt ihr auch beim Mäntelchen den besten Maßstab.
Und dann gilt wie immer:
Nicht das Produkt entscheidet, sondern die Katze.
Wenn sie darin locker läuft, springt, sich dreht und sich rund bewegt, dann kann man über Kleidung nachdenken.
Wenn sie steif wird, langsamer läuft oder „komisch“ wirkt, dann ist die Antwort eigentlich schon gefallen.
Eine pauschale Antwort kann ich euch daher nicht geben.
Ihr müsst das für eure Katze individuell entscheiden, mit Blick auf Felltyp, Kälteempfindlichkeit und vor allem darauf, wie sie sich wirklich darin bewegt.
Und genau deshalb bleibt das Schlusswort bewusst offen:
Beobachte deine Katze.
Hör auf ihr Verhalten.
Und entscheide nicht für ein Konzept, sondern für dein Tier.
Und wie immer:
Das hier sind meine persönlichen Einschätzungen. Nimm dir davon mit, was für euch passt, und lass weg, was sich für dich und deine Katze nicht stimmig anfühlt.
Zum Schluss habe ich euch eine PDF zusammengestellt, in der ihr meine persönlichen, neutralen Einschätzungen zu einzelnen Mantelmodellen findet, welche ich konstruktiv noch am ehesten vertretbar finde, was aus meiner Sicht dagegen spricht und welche Alternativen es zusätzlich gibt.
Quellen:
NRC (2006) zur thermoneutralen Zone der Katze (30–38 °C)
Hendrix et al. (1997) zum lichtgesteuerten Fellzyklus
Stella & Croney (2016) zu Haltungsbedingungen und Kälteempfindlichkeit
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