Wenn ich den Rucksack aus dem ersten Stock meines Büros nehme – wo er normalerweise als gemütliche Höhle dient – und Richtung Tür laufe, dann gibt es für Salem kein Halten mehr. Er weiß es ganz genau: Jetzt geht’s los! Keine zehn Sekunden später sitzt er drin, so als würde er sagen: Na los, worauf wartest du?
Und Phoenix? Der hat das mittlerweile auch kapiert. Anfangs war er noch skeptisch, aber jetzt? Jetzt kann er es kaum erwarten, sich reinzusetzen. Manchmal habe ich das Gefühl, er würde sich freiwillig anschnallen, wenn er könnte. Für beide bedeutet der Rucksack nicht einfach nur „Transportmittel“, sondern das Tor zum Abenteuer. Sobald ich das Ding schnappe, gibt es für sie nur noch eine Richtung: nach draußen!

Und genau das zeigt, warum ein gut etablierter Safe Place so wichtig ist. Katzen sind Gewohnheitstiere. Was in ihrem Alltag normal ist, wird nicht hinterfragt. Ein Rucksack, der immer irgendwo rumsteht und zum Schlafen oder Verstecken genutzt wird, ist kein mysteriöses Gefängnis, sondern ein vertrauter Ort. Und wenn dieser Ort sich dann plötzlich in ein Actionmobil verwandelt – umso besser!
Deutung von Katzenverhalten – Neugier, Angst oder Desinteresse?
Bevor wir nun in das Schritt-für-Schritt-Training eintauchen, ist es wichtig, dass du die typischen Verhaltensweisen deiner Katze im Umgang mit neuen Situationen genau verstehst. Katzen reagieren auf Veränderungen oft mit spezifischen Verhaltensmustern, sei es aus Neugier, Angst oder sogar Desinteresse. Um den Trainingsprozess optimal zu gestalten und sicherzustellen, dass deine Katze sich wohlfühlt, ist es entscheidend, diese Signale richtig zu deuten.

Die Körpersprache deiner Katze ist der Schlüssel, um zu verstehen, wie sie auf neue Situationen reagiert. Beim Training und Gewöhnen an den Rucksack oder Buggy ist es wichtig, subtile Signale zu erkennen, um das Wohlbefinden deiner Katze zu gewährleisten. Achte auf diese spezifischen Verhaltensweisen, um die richtige Herangehensweise zu wählen und den Prozess stressfrei zu gestalten.
Neugierig & positiv interessiert
Ein aktives, entspanntes Verhalten zeigt, dass deine Katze mit dem neuen Gegenstand oder der neuen Situation positiv umgeht und bereit ist, sich weiter darauf einzulassen. Zu den Anzeichen einer positiven Neugier gehören:
• Entspannte Körperhaltung: Eine entspannte, lockere Haltung ist ein klares Zeichen für Wohlbefinden und Neugierde. Die Katze bewegt sich ruhig und mit flüssigen Bewegungen, ohne spürbare Anspannung.
• Ohren nach vorne oder seitlich gerichtet: Die Ohren werden in eine aufmerksame, aber entspannte Position gebracht, was auf Interesse hinweist. Ist die Katze interessiert, kann es auch vorkommen, dass die Ohren leicht in die Seite kippen.
• Neutraler oder aufrechter Schwanz: Ein aufrechter, ruhiger Schwanz zeigt, dass deine Katze sich sicher fühlt und die neue Situation annimmt. Ein Schwanz, der leicht zuckt, signalisiert ebenfalls eine positive Aufregung.
• Erkundendes Verhalten: Deine Katze zeigt aktives Interesse am Rucksack oder Buggy, indem sie schnuppert, berührt oder sogar hineinspringt. Sie zeigt keine Zurückhaltung.
• Blinzeln und Schnurren: Das langsame Blinzeln, kombiniert mit einem beruhigenden Schnurren, zeigt Zufriedenheit und Vertrauen in ihre Umgebung.
Ängstlich oder unsicher
Katzen sind von Natur aus vorsichtige Tiere, und in unbekannten Situationen zeigen sie oft deutlich, wenn sie sich unsicher oder ängstlich fühlen. Ängstliche Signale sind wichtige Hinweise darauf, dass deine Katze in ihrer Umgebung überfordert ist. Zu den typischen Anzeichen gehören:
• Geduckte Körperhaltung: Ein verkrampfter, niedriger Körper und ein eingezogener Kopf deuten darauf hin, dass die Katze unsicher ist. Sie will sich klein machen, um weniger auffällig zu sein und sich vor möglichen Gefahren zu schützen.
• Ohren flach nach hinten oder zur Seite gedreht: Dieses Verhalten ist ein klares Zeichen von Angst oder Stress. Katzen drücken die Ohren an den Kopf, um eine Bedrohung abzuwehren. Es kann auch eine Reaktion auf ein lautes Geräusch oder plötzliche Bewegungen sein.
• Erweiterte Pupillen: Große, weit aufgerissene Pupillen sind ein physiologisches Zeichen von Stress und Anspannung. Diese Reaktion tritt auf, wenn eine Katze unter Stress steht oder Gefahr wittert.
• Schwanz eng am Körper: Ein Schwanz, der dicht am Körper getragen oder zwischen die Beine gezogen wird, signalisiert Angst oder Unsicherheit. Ein Zucken oder Schlagen des Schwanzes kann auch Wut oder Nervosität anzeigen.
• Vermeidung oder Fluchtverhalten: Katzen, die sich unsicher fühlen, suchen oft das Weite oder ziehen sich in einen sicheren Bereich zurück. Sie zeigen eine klare Abwehrhaltung und wollen sich dem unbekannten Objekt nicht nähern.
• Hektische Bewegungen oder Zittern: Unruhige, schnelle Bewegungen und Zittern sind ein weiteres Zeichen von Überforderung. In diesem Zustand ist die Katze oft nicht in der Lage, eine Situation rational zu verarbeiten.

Desinteressiert oder neutral
Wenn deine Katze kein besonderes Interesse am Rucksack oder Buggy zeigt, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass sie entweder unbeeindruckt oder einfach nur nicht fokussiert auf diese neue Situation ist. Zu den Anzeichen für Desinteresse gehören:
• Unaufmerksames Verhalten: Die Katze ignoriert den Rucksack oder Buggy und zeigt keine Reaktion darauf. Sie geht weiter, ohne sich zu verhalten oder ihn zu beachten.
• Unbewegte Ohren und entspannter Körper: Die Ohren sind nicht auf den Rucksack gerichtet, und der Körper ist in einer neutralen, entspannten Haltung. Das zeigt, dass sie weder positiv noch negativ reagiert.
• Kein Schnuppern oder Berühren: Im Gegensatz zu neugierigen Katzen, die den Rucksack aktiv erkunden, wird der Gegenstand einfach ignoriert.
• Kein Interesse an Anreizen: Leckerlis oder Spielzeuge, die im oder um den Rucksack platziert werden, ziehen keine Aufmerksamkeit auf sich.

Schritt für Schritt - Der Rucksack als SafePlace
Nachdem du nun die wichtigsten Signale und Verhaltensweisen deiner Katze kennst, bringt uns das nun direkt zur Gewöhnung: Wie macht man aus einem skeptischen „Was ist das für ein Ding?!“ ein begeistertes „Schnapp ihn dir, Mensch, wir haben ein Abenteuer vor uns!“? Schritt für Schritt – und genau das schauen wir uns jetzt an.

Ziel: Positive Verknüpfung schaffen
• Rucksack präsentieren: Stelle den Rucksack offen in einem Raum auf, in dem sich deine Katze gerne aufhält. Wähle einen ruhigen Ort, der nicht mitten im Trubel liegt.
• Gemütlich gestalten: Lege eine weiche, vertraute Decke oder ein Kissen in den Rucksack. Du kannst auch ein Kleidungsstück von dir hineinlegen, damit dein Geruch die Katze beruhigt.
• Positive Anreize: Platziere Leckerlis, Katzenminze oder das Lieblingsspielzeug in und um den Rucksack. So wird der Rucksack von Anfang an mit positiven Erlebnissen verbunden.
• Ignorieren und beobachten: Dränge deine Katze nicht zum Rucksack. Lass sie ihn in Ruhe erkunden und sich nähern, wenn sie bereit ist.
Beobachte ihr Verhalten: Ist sie neugierig, ängstlich oder desinteressiert?

Schritt 2: Erkundung und Vertrautmachen
• Annäherung belohnen: Lobe deine Katze verbal und gib ihr ein Leckerli, wenn sie sich dem Rucksack nähert, daran schnuppert oder ihn berührt.
• In den Rucksack locken: Wirf Leckerlis in den Rucksack, um sie hineinzulocken. Du kannst auch ein Spielzeug hineinlegen und sie zum Spielen animieren, während sie sich im Rucksack befindet.
• Kurze Aufenthalte fördern: Sobald deine Katze den Rucksack betritt, lobe sie und gib ihr ein Leckerli. Lass sie so lange im Rucksack bleiben, wie sie möchte. Erhöhe die Aufenthaltsdauer langsam, indem du sie immer wieder mit Leckerlis oder Streicheleinheiten belohnst, während sie sich darin aufhält.
• Wichtig: Zwinge deine Katze niemals in den Rucksack. Das würde die positive Verknüpfung zerstören und Angst auslösen. Alles soll spielerisch und freiwillig geschehen.

Schritt 3: Kurze Aufenthalte im geschlossenen Rucksack
• Rucksack kurz schließen: Wenn deine Katze entspannt im Rucksack liegt, schließe ihn für einen sehr kurzen Moment (wenige Sekunden). Lobe sie sofort und öffne den Rucksack wieder.
• Dauer langsam steigern: Verlängere die Zeit, in der der Rucksack geschlossen ist, schrittweise. Beginne mit wenigen Sekunden und steigere dich langsam auf einige Minuten. Achte dabei immer auf die Reaktion deiner Katze.
• Positive Bestätigung: Belohne deine Katze jedes Mal, wenn sie ruhig im geschlossenen Rucksack bleibt. Das können Leckerlis, verbale Bestätigung oder sanfte Streicheleinheiten sein.

Schritt 4: Rucksack hochheben und bewegen
• Rucksack anheben: Wenn deine Katze entspannt im geschlossenen Rucksack bleibt, hebe ihn vorsichtig für einen Moment hoch und stelle ihn sofort wieder ab. Lobe und belohne sie.
• Kurze Strecken tragen: Beginne, den Rucksack für kurze Strecken in der Wohnung zu tragen. Gehe langsam und ruhig. Sprich beruhigend mit deiner Katze.
• Bewegung ausweiten: Steigere die Tragedauer und die Länge der Strecken langsam. Gehe durch verschiedene Räume in der Wohnung. Achte darauf, dass deine Bewegungen ruhig und gleichmäßig sind.
• Reaktion beobachten: Beobachte deine Katze genau. Wirkt sie ängstlich oder gestresst? Wenn ja, reduziere die Dauer und Intensität der Übung. Positive Verstärkung ist hier besonders wichtig.

Schritt 5: Erste kurze Ausflüge
• Ruhige Umgebung wählen: Beginne mit sehr kurzen Ausflügen in einer ruhigen, vertrauten Umgebung, z.B. im eigenen Garten, auf dem Balkon oder in einem ruhigen Park.
• Kurze Dauer: Der erste Ausflug sollte nur wenige Minuten dauern. Es geht darum, deiner Katze die Außenwelt im Rucksack zu zeigen, ohne sie zu überfordern.
• Beobachtung und Abbruch: Beobachte deine Katze während des Ausflugs genau. Zeigt sie Anzeichen von Stress (siehe unten)? Wenn ja, brich den Ausflug sofort ab und gehe zurück in die Wohnung.
• Ausflüge steigern: Wenn die ersten Ausflüge positiv verlaufen sind, kannst du die Dauer und die Umgebung langsam steigern. Wähle abwechslungsreichere Strecken und Umgebungen, aber vermeide zunächst stark frequentierte Orte.

Fazit: Das Gewöhnen deiner Katze an den Rucksack oder Buggy ein geduldiger und liebevoller Prozess ist, der nicht nur Vertrauen aufbaut, sondern auch die Bindung zu deinem Tier stärkt. Jede Katze reagiert individuell, daher ist es wichtig, die Körpersprache zu beobachten und den Fortschritt in ihrem eigenen Tempo zu fördern. Mit den richtigen Schritten, positiver Verstärkung und viel Verständnis wirst du bald viele entspannte und spannende Ausflüge mit deinem Fellfreund erleben können!
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