Rückruftraining ist nicht nur möglich – es kann auch die Sicherheit und die Bindung zwischen dir und deinem Stubentiger erheblich stärken.

Katzen neigen in Gefahrensituationen häufig dazu, instinktiv zu fliehen. Daher ist es wichtig zu betonen, dass ein Rückruf in akuten Notfällen keine absolute Garantie bietet.
Dennoch ist das Rückruftraining eine grundlegende Fähigkeit, die du deiner Katze beibringen solltest – insbesondere, wenn ihr gemeinsam draußen unterwegs seid.
In diesem Beitrag zeigen wir dir Schritt für Schritt, wie du deiner Katze das Kommen auf Signal beibringst, welche Methoden besonders effektiv sind und worauf du beim Rückruftraining achten solltest.

Katzen und ihr Instinkt – Warum der Rückruf im Notfall schwierig ist
Katzen sind von Natur aus Fluchttiere. In bedrohlichen Situationen reagieren sie instinktiv, indem sie versuchen, sich in Sicherheit zu bringen – sei es vor einem herannahenden Hund, einem lauten Traktor oder anderen unbekannten Reizen.
Selbst die beste Rückrufkonditionierung kann diesen tief verwurzelten Überlebensinstinkt nicht vollständig ausschalten. Deshalb sollte man sich nicht darauf verlassen, dass die Katze in einer akuten Stresssituation zuverlässig zurückkommt.

Allerdings reagiert nicht jede Katze gleich.
Manche Tiere bleiben aufgrund einer starken Bindung und ihres Vertrauens zu ihrem Menschen in dessen Nähe.
Mein Kater Salem ist ein Beispiel dafür: Anstatt wegzulaufen, sucht er Schutz bei mir und reagiert auf den Rückruf sogar zuverlässiger als mancher Hund.
Doch dieses Verhalten stellt die Ausnahme dar – die meisten Katzen folgen in bedrohlichen Momenten ihrem natürlichen Fluchtinstinkt.
Daher bietet der Rückruf im Notfall keine absolute Sicherheit.

Rückruftraining – reine Prophylaxe?
Der wahre Nutzen des Rückruftrainings liegt in der Prävention. Es hilft, potenziell gefährliche Situationen zu vermeiden, bevor sie eskalieren.
Erkennt man frühzeitig einen herannahenden Hund, ein Fahrzeug oder andere unbekannte Reize, kann man die Katze rechtzeitig zurückrufen und so einen unkontrollierten Fluchtversuch verhindern.
Damit bietet der Rückruf keine Garantie für den Ernstfall, sondern eine Möglichkeit, kritische Momente von vornherein zu entschärfen.
Darüber hinaus stärkt das Rückruftraining die Bindung zwischen Katze und Mensch und verbessert die Kommunikation.
Die Katze lernt, auf Signale wie Rufe oder Pfiffe zu achten und sich in der Nähe ihrer Bezugsperson aufzuhalten. Das sorgt für mehr Sicherheit und macht gemeinsame Spaziergänge entspannter und kontrollierter.

Die Grundlagen des Rückruftrainings
Das Rückruftraining basiert auf drei Säulen: einem klaren Signal, einer attraktiven Belohnung und konsequenter Übung.
1. Das richtige Rückrufsignal
Das Signal muss kurz, prägnant und eindeutig sein. Geeignet sind Wörter wie „Hier“, „Komm“ oder einfach der Name der Katze. Wichtig ist, dass das Signal immer gleich ausgesprochen wird – freundlich, aber bestimmt.
Alternativ kannst du auch einen Klicker oder eine Pfeife verwenden. Diese Geräusche sind besonders effektiv, weil sie sich von Alltagsgeräuschen abheben und ggfs. über größere Distanzen hörbar sind.
Wichtig: Gib den Rückrufbefehl möglichst nur einmal. Mehrmaliges Rufen kann dazu führen, dass die Katze erst nach dem dritten oder vierten Ruf reagiert.
2. Die richtige Belohnung – Motivation ist der Schlüssel
Katzen lernen am besten durch positive Verstärkung. Das bedeutet: Kommt die Katze auf das Signal hin zu dir, bekommt sie sofort eine Belohnung. Diese kann aus einem Lieblingsleckerli, einer kurzen Spieleinheit oder verbalem Lob bestehen.
• Leckerlis: Besonders effektiv sind kleine, schmackhafte Snacks, die die Katze liebt, aber nicht regelmäßig bekommt.
• Spielzeug: Für verspielte Katzen kann das Lieblingsspielzeug eine ebenso starke Motivation sein.
• Streicheleinheiten: Manche Katzen lieben körperliche Zuneigung und lassen sich damit genauso gut belohnen.
Um die Motivation langfristig hochzuhalten, sollte die Belohnung nach einer gewissen Zeit nicht mehr jedes Mal, sondern nur noch gelegentlich gegeben werden. Diese variable Verstärkung sorgt dafür, dass die Katze immer wieder aufs Neue hofft, eine Belohnung zu bekommen, und daher zuverlässig kommt.
3. Geduld und Konsequenz – Die Basis des Erfolgs
Katzen sind unabhängige Tiere und lernen nicht so schnell wie Hunde.
Daher sind Geduld und Konsequenz besonders wichtig. Trainiere regelmäßig, aber in kurzen Einheiten von 3-7 Minuten. Lobe deine Katze immer, wenn sie kommt – auch wenn es mal länger dauert.
Bestrafungen sind hingegen tabu, da sie das Vertrauen zerstören würden.

Schritt-für-Schritt-Anleitung für das Rückruftraining
Das Rückruftraining wird in mehreren Stufen aufgebaut. Jede Stufe bereitet die Katze auf die nächste vor und stellt sicher, dass sie die Signale zuverlässig versteht.
Schritt 1: Grundlagen im Haus trainieren
Beginne das Training in einer ruhigen, ablenkungsarmen Umgebung, damit sich deine Katze voll auf das Lernen konzentrieren kann.
1. Vorbereitung:
• Wähle einen ruhigen Raum ohne Ablenkungen.
• Halte Leckerlis oder das Lieblingsspielzeug bereit.
• Nutze das festgelegte Rückrufsignal.
2. Erste Übung – kurze Distanz:
• Setze dich wenige Meter von der Katze entfernt hin.
• Sage das Rückrufsignal freundlich und klar. Kommt die Katze von allein, lobst du sie sofort und gibst ein Leckerli.
• Kommt sie nicht, locke sie sanft mit einem Leckerli. Sobald sie sich bewegt, wiederhole das Signal und belohne sie.
3. Wiederholung:
• Wiederhole die Übung mehrmals täglich für jeweils 5-10 Minuten.
• Beende jede Trainingseinheit mit einem Erfolgserlebnis, um die Motivation hochzuhalten.
Ziel: Die Katze soll lernen, dass das Rückrufsignal bedeutet, dass eine Belohnung folgt.

Schritt 2: Distanz und Ablenkungen erhöhen
Sobald die Katze das Signal im gleichen Raum zuverlässig befolgt, wird die Distanz langsam vergrößert und leichte Ablenkungen eingebaut.
1. Erhöhung der Distanz:
• Vergrößere den Abstand zur Katze allmählich. Beginne mit 3-5 Metern und steigere dich auf 10 Meter oder mehr.
• Rufe die Katze und belohne sie sofort, wenn sie kommt.
2. Training in verschiedenen Räumen:
• Übe den Rückruf in unterschiedlichen Räumen, sodass die Katze lernt, auch ohne Sichtkontakt zu dir zu kommen.
• Verstecke dich hinter einer Tür oder einem Möbelstück und rufe die Katze.
3. Ablenkungen einbauen:
• Integriere leichte Ablenkungen wie leise Musik oder Spielzeug in der Nähe.
• Erhöhe die Intensität der Ablenkungen langsam, sobald die Katze zuverlässig reagiert.
4. Variable Verstärkung:
• Gib die Belohnung nicht mehr jedes Mal, sondern nur noch gelegentlich. So bleibt die Motivation hoch, weil die Katze nie weiß, wann sie eine Belohnung bekommt.
Schritt 3: Training im gesicherten Außenbereich
Das Training im Freien ist anspruchsvoller, da die Katze hier vielen Reizen ausgesetzt ist.
Beginne daher in einem sicheren, eingezäunten Bereich oder auf dem Balkon und erst wenn deine Katze an das Katzengeschirr und ihren Safeplace gewöhnt ist.
Hinweis: Sollte deine Katze noch nicht daran gewöhnt sein, dann gedulde dich etwas, es folgen dazu gesondert Beiträge.
1. Vorbereitung:
• Du benötigst ein Katzengeschirr und den Safeplace, zusätzlich benötigst du eine lange Schleppleine (5-10 Meter).
• Bringe besonders attraktive Leckerlis mit.
2. Übung auf kurze Distanz:
• Lass die Katze die Umgebung erkunden und rufe sie dann aus kurzer Distanz.
• Belohne sie sofort, wenn sie zu dir kommt.
3. Distanz und Ablenkung steigern:
• Verlängere die Distanz schrittweise.
• Übe den Rückruf auch dann, wenn die Katze gerade schnüffelt oder sich mit etwas anderem beschäftigt.
Wichtig: Die Schleppleine dient als Sicherheitsmaßnahme, um die Katze bei Bedarf sanft zurückzuholen. Ziehe jedoch niemals ruckartig an der Leine.

Schritt 4: Rückruf unter realen Bedingungen üben
Wenn die Katze im gesicherten Bereich zuverlässig reagiert, kannst du das Training in realen Umgebungen fortsetzen.
1. Training mit Leine in neuen Umgebungen:
• Gehe mit der Katze an der Leine in ruhigere Außenbereiche wie Parks oder Feldwege.
• Rufe sie regelmäßig und belohne sie jedes Mal, wenn sie kommt.
2. Ablenkungen gezielt einbauen:
• Übe den Rückruf in der Nähe von Menschen, anderen Tieren und unbekannten Geräuschen.
• Beginne mit leichteren Ablenkungen und steigere die Schwierigkeit schrittweise.
3. Die Schleppleine abbauen:
• Wenn die Katze in verschiedenen Umgebungen zuverlässig reagiert, kannst du die Schleppleine lockerer lassen.
Wichtig: Lass deine Katze niemals unbeaufsichtigt ohne Leine laufen, vor allem in der Nähe von Straßen oder anderen Gefahrenquellen.

Häufige Fehler und wie du sie vermeidest
Auch beim Rückruftraining können Fehler passieren, die den Lernerfolg verzögern. Hier sind die häufigsten Stolperfallen und wie du sie umgehst:
1. Mehrfaches Rufen: Rufe deine Katze möglichst nur einmal. Mehrmaliges Rufen kann dazu führen, dass sie erst nach dem dritten oder vierten Ruf reagiert.
2. Fehlendes Timing: Die Belohnung muss sofort zum Zurückkommen gegeben werden, damit die Katze den Zusammenhang versteht.
3. Zu viele Ablenkungen zu früh: Steigere die Ablenkungen langsam. Überfordere deine Katze nicht, sonst verliert sie die Motivation.
4. Unregelmäßiges Training: Übe regelmäßig, aber in kurzen Einheiten. Konsistenz ist der Schlüssel zum Erfolg.
5. Strafen bei Misserfolg: Bestrafe deine Katze niemals, wenn sie nicht sofort kommt. Das würde das Vertrauen zerstören und das Training erschweren.
Sicherheit durch das richtige Geschirr und Safeplace
Neben dem Rückruftraining spielt auch die Wahl des richtigen Geschirrs eine entscheidende Rolle, besonders in potenziell gefährlichen Situationen.
Ein gutes Sicherheitsgeschirr oder ein Zwei-Stege-Geschirr mit Brustgurt bietet den Vorteil, dass man die Katze im Ernstfall verletzungsfrei hochheben kann. Der Brustgurt sorgt dafür, dass der Druck gleichmäßig verteilt wird, wodurch Quetschungen und Abdrückungen verhindert werden. Zudem kann die Katze nicht aus dem Geschirr schlüpfen. Diese Geschirre sind speziell dafür gedacht, die Katze im Notfall sicher anheben zu können – zum Beispiel, um sie schnell in einen Rucksack zu setzen.
Der Rucksack o.ä. spielt als Safeplace ebenfalls eine sehr wichtige Rolle gerade mit dem Aspekt das Katzen zwar Fluchttiere sind jedoch laut Verhaltensforscher ein großes Sicherheits-Bedürfnis haben.
In unseren Beiträgen zum Thema „Geschirrwahl“ und „Safeplace“ gehen wir ausführlicher darauf ein.

Fazit
Der Rückruf bei Katzen ist kein Allheilmittel für akute Notfälle – und sollte auch nicht als solcher betrachtet werden.
Vielmehr dient er dazu, das Handling im Alltag zu erleichtern, vorausschauend auf mögliche Gefahren zu reagieren und die Bindung der Katze zu ihrem Menschen zu stärken.
Mit dem richtigen Training und der passenden Ausrüstung könnt ihr eure Abenteuer gemeinsam genießen – entspannt, sicher und voller Vertrauen.
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